Der ehemalige Hochofen der Hoesch AG in Dortmund. Bild: Jonathan Kemper
Mit neuen Fertigungsverfahren und neuem Umweltbewusstsein rückt das Thema Klimaschutz mehr und mehr in den Vordergrund großer, Stahl verarbeitender Unternehmen. Neben ISO-Normen gibt es viele konkrete Ansätze, die Metallproduktion ökologischer zu gestalten. Die Anpassung in der Fabrik bietet Fördervorteile, ist teils günstiger als bisherige Verfahren und schützt die Umwelt.
ISO-Norm 14001 als Maß aller Dinge
Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat für den betrieblichen Umweltschutz eine eigene Norm ins Leben gerufen. Seit 1996 definiert sie gewisse Grundsätze für den Umgang mit Nebenprodukten, Abfall und anderen in der Produktion benötigten Materialien. ISO 14001 legt den Fokus auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess des Umweltschutzes.
Der Grundsatz der Norm ist einfach erklärt: In vier Schritten soll die Bilanz des Unternehmens verbessert werden. Erste Pläne werden in der Produktion umgesetzt, dann kontrolliert und anschließend optimiert. Um den Effekt der Verbesserung zu beobachten, wird im Vor- und Nachhinein eine Stoffstromanalyse durchgeführt. Diese zeigt im Idealfall eine Verbesserung nach der Anpassung an.
Weltweit halten sich rund 360.000 Unternehmen an den ISO-Standard, in Deutschland sind 8.000 Firmen - vom KMU bis zum Börsenkonzern - entsprechend zertifiziert.
Lokale Kreisläufe schaffen
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Warum neue Materialien nutzen, wenn bereits gebrauchte mit wenig Aufwand recycelt werden können? Die Nutzung bereits verwendeter Metalle ist schon lange kein neuer Aspekt, vor allem das Einschmelzen von Aluminium ist gang und gäbe.
Die Branche benötigt ebenfalls sehr viel Wasser, welches in der Vergangenheit häufig nicht wiederverwendet wurde. Thyssenkrupp bereitet inzwischen 97 Prozent des gebrauchten Wassers wieder auf, um es erneut in der Produktion einsetzen zu können. Verschmutzungen werden, soweit nötig, zwischen den bis zu 40 Nutzungen entfernt. So kann das Unternehmen nicht nur lokale Gewässer wie den Rhein schonen, sondern auch Kosten einsparen.
Entstehende Nebenprodukte wie Gase oder Schlacke können im Prozess gezielt getrennt und abgeleitet werden, um eine Weiterverarbeitung zu ermöglichen. Hochofen-Schlacke wird zu Hüttensand verarbeitet, welcher in der Betonproduktion eingesetzt werden kann. In der Theorie lässt sich auch CO2 komplett abtrennen, sodass es nicht in die Umwelt gelangt. "Carbon Capture and Storage" (CCS) lagert Kohlenstoffdioxid auf unterschiedlichste Art und Weise ein. So sollen in Zukunft leere Erdgas- oder Öl-Reservoirs unter der Erde als Druckkammer für CO2 dienen. Dadurch wäre eine klimaschonende - wenn auch nicht klimaneutrale - Produktion möglich. Einige Stromkonzerne trennen das Gas bereits ab, um es testweise zu lagern.
Thyssenkrupp zum Beispiel setzt auf "Carbon2Chem": CO2 wird bei diesem Verfahren in großen Teilen zu Ammoniak umgewandelt, welches wiederum in anderen Prozessen sinnvoll eingesetzt werden kann.
Ökostrom statt Kohle-Grundlast
Deutschlands Strom-Energiemix basiert zu großen Teilen auf Kohle- und Atomenergie. Erneuerbare Energien wie Windkraft oder Photovoltaik werden nur zugeschaltet, wenn sie generiert werden können. Photovoltaik fällt nachts als Energiequelle vollständig weg, Windkraft ist abhängig von der aktuellen Wettersituation. Hochöfen und Schmelzen laufen allerdings rund um die Uhr und können nicht ohne Weiteres die Produktion einstellen.
Hier kommen neue Energiespeicher ins Spiel: Günstigere Produktionskosten und langlebige Speichertechnologien können die Metallbranche in den nächsten 20 Jahren stark verändern. Günstigere und leistungsfähigere Lithium-Ionen-Akkus sinken stetig im Preis, Feststoffakkumulatoren werden marktreif. Superkondensatoren gleichen Lastspitzen problemlos aus. Durch die Speicherung tagsüber gewonnener Sonnenenergie und die Nutzung dieser im Dauerbetrieb ließe sich die Umweltbilanz von Lichtbogenöfen deutlich senken. Bis die benötigten Energiemegen durch Energiespeicher abgedeckt werden können, wird allerdings noch ein wenig Zeit umgehen.
Ein besonderes Problem für die europäische Stahlindustrie ist das Emissionshandelssystem: Um wettbewerbsfähig bleiben zu können, müssten CO2-Zertifikate kostenlos ausgestellt werden. Für jede ausgestoßene Tonne des Gases würden sonst rund 20 Euro für das Zertifikat anfallen. Im internationalen Vergleich wäre Europas Stahl nicht mehr erschwinglich und die Firmen würden einfach den Standort wechseln. Das Abwandern der Stahlindustrie würde das Problem nur verlagern, aber nicht verbessern.
Eine zusätzliche Treibhausgaseinsparung bei der Weiterverarbeitung von Stählen wird seit vielen Jahren verfolgt. Die europäische Branche konnte durch laufende Prozessverbesserungen bereits 20 Prozent der CO2-Emissionen einsparen. Das Ende der Fahnenstange allerdings schon fast erreicht: Laut einer Studie der Boston Consulting Group bleiben nur rund zehn Prozent Optimierungspotenzial für klassische Stahlöfen.
Wasserstoff statt Kokskohle
Thyssenkrupps Hochöfen in Duisburg-Bruckhausen produzieren schon seit mehr als 100 Jahren Metalle - immer nach dem gleichen Verfahren: Eisenerz plus Kokskohle gleich Eisen. Dieses Verfahren benötigt allerdings sehr viel Energie und ist mit am umweltschädlichsten.
Für rund zehn Milliarden Euro möchte der Konzern die Eisenproduktion revolutionieren: Mit Wasserstoff lässt sich durch eine Reduktion ein sogenannter Eisenschwamm bilden, der dann in einem Elektroofen geschmolzen wird.
Dadurch lässt sich viel Kohlenstoffdioxid einsparen - allerdings ist nicht reagiertes Wasserstoff relativ selten und muss mit hohem Energieaufwand hergestellt werden. Hier muss wieder Wert darauf gelegt werden, "grüne" Energie zu verwenden - sonst wäre der große Aufwand letzten Endes nur eine Umschichtung der CO2-Emission vom Hochofen zum Kohlekraftwerk.
thyssenkrupp Steel Europe gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Qualitätsflachstahl. Mit rund 27.000 Mitarbeitern liefert das Unternehmen hochwertige Stahlprodukte für innovative und anspruchsvolle Anwendungen in verschiedensten Industriezweigen. Kundenspezifische Werkstofflösungen und Dienstleistungen rund um den Werkstoff Stahl komplettieren das Leistungsspektrum.