Der Hochofen 9 bei thyssenkrupp in Duisburg-Hamborn hat routinemäßig einen neuen glockenlosen Gichtverschluss erhalten, um weiterhin die strengen Auflagen an Umweltschutz und Arbeitssicherheit zu erfüllen. Er wiegt 27,8 Tonnen, sieht aus wie eine Apollo-Raumkapsel und sorgt für die gleichmäßige Verteilung des Materials im Hochofen. Pünktlich zum 50. Geburtstag der Technologie erfolgte der Wechsel. Das Drehgetriebe, das heutzutage Bestandteil der meisten modernen Hochöfen ist, wurde 1972 von der Firma Paul Wurth entwickelt. Der mittlerweile stillgelegte Hochofen 4 wurde seinerzeit als erster Hochofen mit dieser Technik ausgestattet. Damals setzte der Hochofen neue Standards für Umweltfreundlichkeit und Effizienz, da mit der Leistungssteigerung durch die neue Technologie eine Senkung der Kohlenstoffemissionen und der Gichtgasemissionen einherging.
50 Jahre Zuverlässigkeit
Aufgabe des glockenlosen Gichtverschlusses, der auf dem Hochofen sitzt, ist es, mit seinem Drehgetriebe die für den Hochofenprozess benötigten Einsatzstoffe wie Koks, Eisenerz und Zuschläge zu verteilen. Die Einsatzstoffe fallen dabei aus Materialbehältern durch ein Fallrohr auf eine drei Meter lange, rotierende Verteilerschurre. Diese verteilt das Material mit einer Geschwindigkeit von 7,5 Sekunden pro Umdrehung auf der Mölleroberfläche. Der glockenlose Gichtverschluss funktioniert ähnlich wie eine Schleuse, denn er schließt eine „Tür“, bevor er eine andere öffnet. Dabei entstehen viel höhere Drücke als bei den alten Doppelglockengichtverschlüssen, die bis 1972 eingesetzt wurden, da diese „Türen“ dicht abschließen.
Obwohl die Technologie 50 Jahre alt ist, kann sie die Anforderungen moderner Hochöfen erfüllen, denn sie wird mit Automation und elektrischer Sensorik ständig auf den neuesten Stand gebracht. Der jetzt ersetzte Gichtverschluss lief am Hochofen 9 trotz extremer Belastung so gut wie ohne Zwischenfälle. Täglich verteilt das Drehgetriebe 10.000 Tonnen Material, pro Stunde passieren am Gehäuse zur Kühlung ca. 3.000 Kubikmeter Stickstoff.
Investition in Umweltschutz und Arbeitsschutz
Der Gichtverschluss am Hochofen 9 musste nun zur Instandhaltung ausgetauscht werden, um einen möglichen Bruch des Drehgetriebes, das einen Stillstand des Aggregats zur Folge gehabt hätte, zu verhindern. Außerdem müssen alle Hochöfen strenge Auflagen zum Umweltschutz und zur Arbeitssicherheit erfüllen.
Regelmäßige Instandhaltungen und Modernisierungen sind auch an den „alten“ Aggregaten nötig, um weiterhin Roheisen produzieren zu können und dabei höchste Leistungen erbringen zu können. „Wir investieren weiter, damit unsere Hochöfen effizient weiterlaufen. Denn wir müssen mit der bestehenden Technik auch den Umstieg in die klimaneutrale Stahlproduktion finanzieren“, so der Leiter Hochofenbetrieb Hamborn, Volker van Outvorst. Die neue Getriebegeneration, die in diesem Jahr im Hochofen 8 eingebaut wird, zeichnet sich dadurch aus dass sie mit Wasser anstelle von Stickstoff gekühlt wird. Dies mindert Lärmemissionen und ist sowohl umweltfreundlicher als auch kostengünstiger.
Weitere Instandhaltungen geplant
Dieses Jahr soll am Hochofen 8 ebenfalls das Drehgetriebe ersetzt werden. Der Wechsel des glockenlosen Gichtverschlusses, der mit einem Kran auf dem Hochofen platziert wird, ist für die Beschäftigten immer ein Wettlauf gegen die Zeit. Der Hochofen darf genau acht Tage, bzw. 192 Stunden, heruntergefahren werden, bevor er wieder in Betrieb genommen werden muss. „Dabei darf nichts schiefgehen. Es ist vergleichbar mit einem Flugzeug: Wenn das einmal auf der Startbahn ist, gibt es kein Zurück mehr“, erklärt van Outvorst. Das Team des Hochofenbetriebs hat diese Herausforderung am Hochofen 9 bereits erfolgreich gemeistert.