Hochrangige europäische Industrievertreter, darunter auch Vertreter der Stahlbranche, haben die EU-Kommission aufgefordert, die Wirtschaft anzukurbeln.
Die 73 Industrievertreter aus 20 Industriezweige mit annähernd 7,8 Millionen Arbeitnehmer in der EU schlugen dem belgischen Premierminister Alexander De Croo und der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Rahmen der "Antwerpener Erklärung für einen europäischen Industriedeal" gemeinsam einen 10-Punkte-Plan zur Konjunkturbelebung vor, wie MEPS International berichtet.
Der Aufruf zum Handeln kam zu einem Zeitpunkt, als die Geschäftsführer der europäischen Edelstahlhersteller Aperam und Outokumpu bei der Bekanntgabe ihrer Geschäftsergebnisse für das Jahr 2023 die Handelsbedingungen in der Region als "tief gedrückt" und "herausfordernd" bezeichneten.
Der Vorstandsvorsitzende von Aperam, Timoteo Di Maulo, bezeichnete die aktuelle Wirtschaftslage in Europa in diesem Monat als Krise. Der Umsatz 2023 des in Luxemburg ansässigen Edelstahl- und Elektrostahlherstellers ist im vergangenen Jahr von 5,5 Mrd. EUR auf 4,2 Mrd. EUR gesunken, die Lieferungen im gleichen Zeitraumsind sind von 1,60 Mio. auf 1,55 Mio. Tonnen zurückgegangen.
Der Absatz von Outokumpu für das Jahr 2023 lag mit 1,37 Mio. Tonnen um 9 % unter dem Vorjahreswert. Der Umsatz des Unternehmens ging von 9,49 Mrd. EUR auf 6,96 Mrd. EUR zurück, und der Nettoverlust belief sich auf 111 Mio. EUR - nach einem Gewinn von 1,09 Mrd. EUR im Vorjahr. Der Vorstandsvorsitzende Heikki Malinen sagte, der Markt sei im dritten Quartal des vergangenen Jahres auf den tiefsten Stand gefallen und habe sich seitdem nur langsam erholt.
Nach Deutschland ist laut MEPS im Februar auch Großbritannien in die Rezession gefallen, nachdem das BIP von Juli bis September um 0,1 % und im vierten Quartal um 0,3 % geschrumpft war. In der Erklärung von Antwerpen fordern die Industrievertreter die EU-Kommission auf, ausreichend kostengünstige CO2-neutrale Energie zur Verfügung zu stellen, die heimischen Bergbau-, nachhaltigen Verarbeitungs- und Recyclingkapazitäten für wichtige Rohstoffe auszubauen, die staatlichen Beihilfen für emissionsintensive Industrien zu vereinfachen, die den Übergang zu umweltfreundlichen Technologien vollziehen, und EU-Projekte stärker zu unterstützen.
Wie die Branchenführer der Erklärung von Antwerpen, hoffen auch andere Stahlunternehmen auf entschiedenere Maßnahmen zur Verbesserung der künftigen Handelsbedingungen für die europäischen Stahlhersteller. Im Februar unterstützte in Deutschland ein Bündnis der 11 stahlerzeugenden Bundeländer die laufenden Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein globales Abkommen über nachhaltigen Stahl und Aluminium (GASSA). Ein solches Abkommen soll das Problem der Überkapazitäten angehen und gleichzeitig den Handel mit kohlenstoffarmen Materialien fördern. In Verbindung mit dem EU-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) würde eine solche Maßnahme dazu beitragen, die EU-Stahlproduzenten vor billigeren Importen aus Übersee zu schützen. Die MEPS-Studie von diesem Monat (siehe unten) zeigt, dass die Importe von rostfreiem Stahl in die EU im ersten Quartal deutlich zurückgegangen sind. Material aus Drittländern könnte sich noch als geringere Bedrohung für den Sektor erweisen als eine schwächelnde Wirtschaft. Quelle: MEPS International